08. September 2022

„Professionelles Rechnungswesen ist die Basis für erfolgreiche Unternehmenssteuerung“

Kapitalengpässen rechtzeitig entgegenwirken und Finanzierungsgespräche souverän führen: Cashmanagement-Experte Dieter Jeandrée im Gespräch

Nein, Sie machen Ihre Buchhaltung nicht nur fürs Finanzamt. Ganz im Gegenteil: Ein korrektes und professionelles Rechnungswesen ist einer der Grundpfeiler für Unternehmen, die stabil wirtschaften und wachsen wollen. 

Dieter Jeandrée ist Geschäftsführer der Beraterfirma AFPS Consult GmbH. Seit über 15 Jahren unterstützt er kleine und mittlere Unternehmen beim Insourcing der Finanz- und Lohnbuchführung. Im Zentrum seiner Tätigkeit stehen der Aufbau der IT-Systeme und die Implementierung professioneller Software-Lösungen – wie zum Beispiel Agenda Rechnungswesen. 

Doch beim Insourcing der Finanz- und Lohnbuchführung geht es nicht nur um technische oder buchhalterische Fragen. Wichtig ist immer auch die Klärung der Frage: „Warum machen wir das?“ Dieter Jeandrée ist überzeugt: Die Zahlen im eigenen Haus zu haben, bietet für die Unternehmensführung signifikante Vorteile. 

Im Interview erläutert der Cashmanagement-Experte:

  • wie Entscheider die BWA fürs Liquiditätsmanagement nutzen,
  • warum ein Inhouse-Rechnungswesen dafür die beste Basis liefert und
  • welche Kenntnisse für erfolgreiche Finanzierungsgespräche ausschlaggebend sind.

Wir freuen uns, dass Dieter Jeandrée uns heute die Möglichkeit gibt, sein Wissen mit Ihnen zu teilen.

Herr Jeandrée, warum fahren Unter­nehmen Ihrer Ansicht nach besser, wenn sie das Rechnungs­wesen im Haus haben?

Dieter Jeandrée: Erstens ist damit die wirklichkeitsgetreue Verbuchung von Geschäftsvorfällen gewährleistet. Denn nur wenn die Buchhaltungs-Fachkraft im Haus sitzt, kann sie den individuellen Gegebenheiten und Erfordernissen des Unternehmens Rechnung tragen. 

Bei der Finanzbuchführung steckt der Teufel im Detail. Wie verbucht wird und welche Optimierungen durchgeführt werden können, sind für das Gesamtbild in der BWA entscheidend. Und das erfordert eine engere Zusammenarbeit, als die meisten externen Berater derzeit leisten können.

Nehmen wir mal das Beispiel, dass einmalig ein sehr hoher Aufwand für Rohstoffe anfällt, der aber für die nächsten zwei Jahre dient. Das muss der Buchhalter wissen, um das monatlich zu verbuchen und damit das Ganze zu entschärfen. Nur so ist das operative Geschäft in der BWA realistisch abgebildet.

Zwei weitere Beispiele: Abschreibungen werden oftmals nicht monatlich, sondern jährlich ausgewiesen. Und Versicherungsprämien führen in vielen Fällen zu sehr schlechten Monatsergebnissen. Damit ist die BWA nur noch bedingt aussagekräftig.

Zweitens, sie können die Zahlen schneller auswerten. Wenn Auswertungen erst bei einem externen Dienstleister angefragt werden müssen, dauert das immer länger und verzögert möglicherweise wichtige Entscheidungen. Das sind die Punkte, warum ich inhouse eindeutig favorisiere.

Wie können die Entscheider in den Unter­nehmen konkret von den Aus­wertungen aus ihrer Buch­haltung profitieren?

Ein professionelles Rechnungswesen ist die Basis für erfolgreiche Unternehmenssteuerung. Denn letztlich sind Kapital und der Zugang dazu immer ausschlaggebend, wenn man etwas bewegen möchte.

Das Wichtigste ist daher, dass Unternehmenslenker ein Verständnis für ihre Zahlen entwickeln, indem sie sich regelmäßig damit auseinandersetzen. Entscheider sollten sich mindestens einmal pro Monat mit der BWA befassen, und zwar sobald sie erstellt wurde. Das ist etwas, das jeder Unternehmer sofort umsetzen kann.

Können Sie das konkreter machen? Wie setzen Unter­nehmer sich ziel­führend mit ihren Zahlen auseinander?

Sie müssen die BWA lesen und hinterfragen. Zum Beispiel: Woher kommen die Zahlen? Stimmt das, was dasteht, mit den Daten aus dem Warenwirtschaftssystem überein? Sollte ich den Rohstoffeinsatz lieber anteilsmäßig buchen?

Eine BWA ist im Grunde nicht kompliziert. Wenn man die einzelnen Positionen durchdenkt, entwickelt man schnell ein tieferes Verständnis für die Zahlen. Viele fangen dann automatisch an, sich regelmäßig mit dem Ersteller der BWA auszutauschen.

Dadurch wächst oft auch das Interesse an weiteren betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten, die auf einer professionellen BWA aufsetzen: Kostenrechnung, zum Beispiel, die dann wiederum Input fürs Pricing liefert. Oder die Vorausschau über eine Soll-Ist-Planung.

Damit diese Tools funktionieren, muss die Buchhaltung aktuell und korrekt sein. Nur so liefert sie ein verlässliches Bild der Unternehmenssituation. Das ist auch der Grund, warum ich ein hausinternes Rechnungswesen empfehle. Das ist wichtig für das Liquiditätsmanagement eines Unternehmens.

Das klingt spannend. Inwiefern wirkt sich die Auseinander­setzung mit der BWA auf die Liquidität aus?

Unternehmen benötigen immer wieder Kapital von ihrer Bank oder anderen Stakeholdern, sei es für Eigeninvestitionen, um größere Aufträge umzusetzen oder um eine Durststrecke zu überbrücken. Wenn sie dann finanziell auf dem Trockenen sitzen, kann das im schlimmsten Fall existenzgefährdend sein.

Gerade in kleineren Unternehmen fehlt häufig das Verständnis für die eigenen Zahlen. Die Folge ist, dass Geschäftsführer erstens zu spät mit Finanzierungspartnern in Kontakt treten und zweitens nicht auf Augenhöhe mit ihnen sprechen können. Das führt meistens dazu, dass sie schlechtere Kreditkonditionen bekommen. Oder ein Kredit sogar gänzlich verweigert wird.

Grundsätzlich geht man davon aus, dass Zahlen eine klare Sprache sprechen. Da sollte es doch ausreichen, die BWA beim Finanzierungs­gespräch einfach vorzulegen, oder nicht?

Leider nein. Auch Zahlen können auf diese oder jene Weise interpretiert werden. Und letztlich hängt eine Finanzierung immer an der Interpretation durch die Kreditgeber. Ich habe als externer Berater schon öfter Bonitäten vorgelegt bekommen, bei denen ich mich gefragt habe: „Wie kamen die denn zustande?“ Bei genauerer Betrachtung habe ich zum Beispiel gesehen, dass die Bank bei der Bewertung Bestandteile des Umsatzes herausgenommen hatte – obwohl das im Rechnungswesen ganz klar als Umsatz definiert war.

Wer seine Zahlen nicht versteht, kann in so einem Fall nicht Paroli bieten. Dann akzeptiert man ein Rating wie „B minus“ und weiß nicht, welche Auswirkungen das hat. Letztlich führt sowas aber immer zu höheren Kreditzinsen. Und das betrifft leider gerade die kleineren Betriebe. Große Unternehmen zahlen statistisch gesehen niedrigere Zinsen. Das liegt ganz einfach daran, dass diese Firmen professionelle Controller haben, die mit den Banken auf Augenhöhe sprechen.

Hinzu kommt, dass Geschäftsführer kleinerer Unternehmen oft nicht wissen, welche Zahlen für die Banken wichtig sind. Kreditgeber schauen auf die Beteiligungsfähigkeit, Rating und Ausfallwahrscheinlichkeit, Ertrags- und Liquiditätsvorschau. Umso feingliedriger das ist und je besser der Unternehmer auf Fragen antworten kann, umso vorteilhafter ist es. Deshalb sollte er sich das vor einem Finanzierungsgespräch unbedingt von seinem Steuerberater oder der Rechnungswesen-Fachkraft aufschlüsseln lassen.

Es geht aber nicht nur darum, im Gespräch selbst eine gute Figur zu machen. Das Timing spielt auch eine wichtige Rolle.

Wie wirkt sich der Faktor Zeit konkret auf das Cash­management aus?

Ein Großteil der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist auf Liquiditätsprobleme zurückzuführen. Viele davon könnten vermieden werden, wenn rechtzeitig gegengesteuert würde.

Unternehmer müssen möglichst früh erkennen, wenn das Geschäft in Schieflage gerät, und sofort mit der Bank ins Gespräch gehen. Und dafür ist die regelmäßige Auseinandersetzung mit der BWA das A und O. Wer erst kurz vor Torschluss sagt: „Ich brauche jetzt 40.000 Euro als Überbrückung“, der hat schlechte Karten. Denn damit signalisiert er dem Finanzierungspartner, dass er sein Geschäft nicht im Griff hat.

Das war ein sehr anschauliches Beispiel. Welche weiteren Vorteile sehen Sie für Geschäfts­führer darin, sich mit den eigenen Zahlen und den Ergebnissen regelmäßig auseinander­zusetzen?

Wenn der Verkauf oder die Übergabe des Geschäfts ansteht, liefert die Finanzbuchhaltung die Daten für die Unternehmensbewertung. Und die wiederum ist häufig die Basis für den gesamten Verhandlungsprozess. Insbesondere der zu erwartende Cashflow für die kommenden drei Jahre spielt bei der Bewertung eine zentrale Rolle.

Wenn man als Geschäftsführer weiß, welche Parameter dabei wichtig sind, kann man einen deutlich höheren Verkaufswert erzielen. Die Steuerung dieser Kennzahlen ist aber nur möglich, wenn man die eigenen betriebswirtschaftlichen Daten und deren Abbildung in der BWA kennt und versteht. Die Buchhaltung ist hierfür das wichtigste Instrument. Viele mittelständische Unternehmen sowie alle Großkonzerne gehen auch unter diesem Gesichtspunkt an die Finanzbuchführung heran.

Kleinere Unternehmen genießen dabei einen deutlichen Vorteil: Sie benötigen viel weniger Zeit. Wichtig ist nur der Wille, die Möglichkeiten und Chancen einer steuerbaren Buchhaltung für sich zu nutzen. Und eine professionelle BWA ist etwas, womit die Entscheider schon sehr viel erreichen können.

Womit wir wieder beim Wert der internen Buch­haltung wären. Wie gehen Unternehmen am besten vor, wenn sie das Rechnungs­wesen ins Haus holen wollen?

Die IT muss von Anfang an im Boot sein, schon bevor die Entscheidung für eine passende Software gefällt wird. Mit unserer Beratungsfirma unterstützen wir Unternehmen beim Insourcing der Lohn- und Finanzbuchhaltung. Kleinen und mittleren Unternehmen empfehle ich dafür gerne Agenda Rechnungswesen. Die Software ist für Fachleute einfach zu bedienen, liefert professionelle Arbeitsergebnisse und das umfangreiche Hilfesystem unterstützt die Anwender ab Tag eins sehr gut.

Wichtig ist, dass der Datenimport ins neue Rechnungswesen-System problemlos läuft. Deshalb prüfen wir mit den IT-Verantwortlichen die vorhandenen Systeme und Schnittstellen. Außerdem schauen wir, ob die Datenschutzeinstellungen stimmen, Löschfristen richtig eingerichtet sind und so fort.

Und auch für die tägliche Buchhaltungspraxis ist es wichtig, dass alle relevanten Systeme miteinander verknüpft sind, damit der Datenaustausch automatisiert läuft. Das ist die Grundlage für professionelles Rechnungswesen, das die Unternehmensführung optimal unterstützt.

Herr Jeandrée, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Dieter Jeandrée
Dieter Jeandrée

Dieter Jeandrée ist Gründer und Geschäftsführer der AFPS CONSULT GmbH. Die Beraterfirma unterstützt Unternehmen dabei, ihr Cash- und Liquiditätsmanagement zu professionalisieren. Sein Antrieb ist, die Transparenz über die Geschäftsentwicklung in KMU zu erhöhen. Denn nur so können Unternehmenslenker gezielt auf Erfolgen aufbauen, negative Entwicklungen abwenden und mit Finanzierungspartnern auf Augenhöhe verhandeln.

Dieter Jeandrée ist Gründer und Geschäftsführer der AFPS CONSULT GmbH. Die Beraterfirma unterstützt Unternehmen dabei, ihr Cash- und Liquiditätsmanagement zu professionalisieren. Sein Antrieb ist, die Transparenz über die Geschäftsentwicklung in KMU zu erhöhen. Denn nur so können Unternehmenslenker gezielt auf Erfolgen aufbauen, negative Entwicklungen abwenden und mit Finanzierungspartnern auf Augenhöhe verhandeln.