24. Juni 2025

Kauf einer Steuerkanzlei – mit diesen 8 Tipps geht nichts schief

Viele Steuerberater träumen von der eigenen Kanzlei und entscheiden sich deshalb, eine bereits existierende Kanzlei zu kaufen. Der Vorteil: Sie übernehmen einen eingespielten Mandantenstamm und oft auch voll ausgestattete Büroräume. So starten Sie mit laufenden Umsätzen und einer gewachsenen Reputation in die Selbstständigkeit.

Zudem steht in den nächsten Jahren ein Generationenwechsel an – fast ein Viertel aller Steuerberater in Deutschland geht bald in den Ruhestand. Dadurch werden zahlreiche Kanzleien zur Übernahme frei, was Kaufinteressenten attraktive Chancen bietet. 

Doch Vorsicht: Damit bei der Übernahme nichts schiefgeht, sollten angehende Kanzleiinhaber einige wichtige Punkte beachten. Im Folgenden erhalten Sie acht Tipps, die Ihnen helfen, die richtige Kanzlei zu finden und die Übernahme erfolgreich zu gestalten.

1. Wissen, was Sie wollen

Wer nicht weiß, was er sucht, kann es auch nicht finden. Machen Sie sich daher frühzeitig bewusst, welches Profil Ihre künftige Kanzlei haben soll, und definieren Sie klare Kriterien. Überlegen Sie zum Beispiel:

  • Wie groß soll Ihre neue Kanzlei sein (Umsatz, Mitarbeiterzahl, Standort)?
  • Wie viele Mandanten können Sie realistisch pro Monat bedienen?
  • Welche fachlichen Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer Beratung setzen?
  • Passen diese Schwerpunkte zu der Kanzlei, die Sie ins Auge gefasst haben (Mandantenstruktur, Branchen, Leistungen)?

Je präziser Sie Ihre Vorstellungen formulieren, umso genauer wird am Ende Ihre neue Kanzlei zu Ihnen passen. Ein schriftliches Grobkonzept oder Business-Plan kann helfen, Ihre Ziele festzuhalten. So wissen Sie genau, wonach Sie suchen – und können Angebote, die nicht passen, von vornherein aussortieren.

2. Wissen, wo Sie suchen

Beim Kanzleikauf ist es wie bei Immobilien: Wer das passende Objekt finden möchte, muss wissen, wo er danach suchen soll. Nutzen Sie verschiedene Kanäle, denn kein einzelner Weg deckt den kompletten Markt ab. Online-Foren und digitale Börsen für Kanzleiverkäufe sind ein guter Startpunkt. Dort können Käufer nach Region filtern und direkt Kontakt zu Verkäufern aufnehmen Viele Steuerberater der älteren Generation inserieren ihre Kanzlei noch klassisch in Fachzeitschriften oder beauftragen einen Kanzleivermittler. Halten Sie daher die Augen offen auf allen Kanälen – online wie offline. Je breiter Sie suchen, desto höher die Chance, Ihre Traumkanzlei zu finden.

3. Suche mit Bedacht statt Eile

Eine mangelhafte Suchstrategie führt schnell dazu, dass vorschnelle Kompromisse geschlossen werden – schließlich erscheint die Auswahl an angebotenen Kanzleien sonst zu gering und man fühlt sich zu Zugeständnissen gezwungen. Lassen Sie sich nicht von einem vermeintlichen Mangel an Angeboten entmutigen.

Stellen Sie sicher, dass Ihre Suche wirklich erschöpfend ist, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Vergleichen Sie mehrere Optionen miteinander: Gibt es vielleicht doch noch ein Angebot, das besser zu Ihren Vorstellungen passt? Nutzen Sie die oben genannten Kanäle intensiv, und geben Sie Ihrer Suche genügend Zeit. So laufen Sie nicht Gefahr, eine Kanzlei zu kaufen, die nur ein Notbehelf ist.

4. Genau prüfen, was Sie ewig bindet

Der Kauf einer Kanzlei ist ein bisschen wie eine Hochzeit: Bevor der Ring für immer am Finger steckt, sollten Sie genau prüfen, ob der Partner wirklich zu Ihnen passt – oder ob hinter der schönen Fassade Mängel lauern. Bei einer Kanzleiübernahme bedeutet das: Führen Sie eine sorgfältige Due-Diligence-Prüfung durch und achten Sie auf mögliche Schwachstellen:

  • Ist der Mandantenstamm überaltert?
  • Sind die Arbeitsabläufe zeitgemäß oder noch immer größtenteils analog?
  • Sind die Mitarbeiter ausreichend qualifiziert?

Darüber hinaus lohnt ein Blick auf weitere Faktoren: Wie ist das Verhältnis von großen zu kleinen Mandanten (Klumpenrisiko)? Wie entwickeln sich die Umsätze – steigen sie, stagnieren sie oder sind sie rückläufig? Gibt es einen stabilen Branchenmix oder hängt alles von wenigen Großmandaten ab? Wie ist der Ruf der Kanzlei am Markt? Und nicht zuletzt: Warum möchte der Altinhaber verkaufen?

Nehmen Sie die Kanzlei gründlich unter die Lupe, bevor Sie sich vertraglich binden. Scheuen Sie sich nicht, Einsicht in alle relevanten Unterlagen zu verlangen. Lieber entdeckt man Probleme vor dem Kauf als danach. Wenn sich hinter der Fassade Mängel zeigen, können Sie entweder nachverhandeln oder – wenn die Defizite zu gravierend sind – besser die Finger von der Kanzlei lassen.

5. Nehmen Sie sich Zeit: Stimmt die Chemie oder brodelt es unter der Oberfläche?

Die persönliche Chemie zwischen Ihnen und dem Altinhaber ist oft entscheidend. Während der Übergabezeit arbeiten Sie eng zusammen – planen Sie daher genügend Zeit, um Vorbesitzer und Team kennenzulernen. Mehrere Gespräche, ein Blick in den Kanzleialltag und viele Fragen helfen, Vertrauen aufzubauen. 

Ideal ist eine Übergangsphase, in der der Altinhaber wichtige Mandanten vorstellt und Wissen weitergibt.
Achten Sie auf die Kommunikation: Gibt es gegenseitiges Verständnis oder spürbare Widerstände? Konflikte können den Prozess erheblich stören. Offene Gespräche und Transparenz sind daher unerlässlich. Beziehen Sie auch das Personal früh ein, erläutern Sie Ihre Vision und hören Sie Bedenken an. Empathie und Feingefühl fördern die Unterstützung durch Belegschaft und Altinhaber – und erleichtern so eine reibungslose Übernahme.

6. Richtig kalkulieren, damit Sie sich am Ende nicht verspekulieren

Die finanziellen Aspekte einer Kanzleiübernahme werden leicht unterschätzt. Viele Alteigentümer investieren am Ende ihrer Laufbahn nicht mehr in die Kanzlei – größere Anschaffungen oder Modernisierungen bleiben oft aus. Entsprechend müssen Nachfolger solche Folgeinvestitionen häufig direkt nach der Übernahme tätigen und dafür tief in den Geldbeutel greifen. Damit Sie sich dabei nicht verkalkulieren, sollten Sie frühzeitig realistisch durchrechnen, welche Kosten im Zusammenhang mit dem Kauf auf Sie zukommen – über den reinen Kaufpreis hinaus.

Erstellen Sie am besten einen detaillierten Finanzierungsplan: Kalkulieren Sie den Kaufpreis plus alle voraussichtlichen Zusatzkosten. Beispielsweise sollten Sie Mittel einplanen für neue EDV- und Kanzleisoftware, falls der Vorgänger technisch nicht auf dem neuesten Stand war. Auch Schulungen oder Fortbildungen für Mitarbeiter sollten berücksichtigt werden, wenn fachliche Lücken bestehen. Eventuell sind Büroausstattung oder Renovierungen nötig, wenn Räume und Inventar in die Jahre gekommen sind. Nicht zu vergessen: Marketing- und Umsatzausfallkosten. Nach der Übernahme möchten Sie vielleicht mit Werbung und Networking neue Mandate gewinnen – dafür braucht es ein Budget. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass einzelne Mandanten abspringen. Haben Sie daher eine Liquiditätsreserve, um eventuelle Umsatzrückgänge in den ersten Monaten abzufedern.

Kurz gesagt: Kalkulieren Sie lieber zu vorsichtig als zu knapp. Wenn Ihr Finanzplan alle Eventualitäten einschließt, stehen Sie nach der Übernahme auf soliden Füßen und müssen keine bösen Überraschungen fürchten.

7. Vermeiden Sie berufsrechtliche Fehler

Die Übernahme einer Kanzlei ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich herausfordernd. Wichtig sind vor allem Verschwiegenheit, Mandanteneinwilligung und korrekter Umgang mit Unterlagen. Ohne schriftliche Zustimmung dürfen keine Mandantendaten oder -akten weitergegeben werden. Am besten informiert der Altinhaber alle Mandanten per Rundschreiben über den Inhaberwechsel und legt eine Einverständniserklärung bei – so ist die Zustimmung dokumentiert.

Klären Sie dies frühzeitig, möglichst direkt nach Vertragsunterzeichnung. Schweigen gilt nicht als Zustimmung, bei ausbleibender Antwort müssen Sie nachhaken. Übergeben Sie Mandatsunterlagen vollständig und sicher, und dokumentieren Sie genau, was Sie erhalten. Beachten Sie Aufbewahrungsfristen (meist zehn Jahre) und halten Sie die DSGVO ein. Falls nötig, aktualisieren Sie Verarbeitungsverzeichnisse und ziehen Sie einen Datenschutzbeauftragten hinzu.

Tipp: Informieren Sie sich rechtzeitig über alle relevanten Vorschriften, etwa über Merkblätter der Steuerberaterkammer, oder lassen Sie sich von einem spezialisierten Anwalt beraten. So vermeiden Sie teure Fehler.

8. Holen Sie sich juristische Unterstützung

Auch beim Kaufvertrag gilt: Lieber einen erfahrenen Juristen einschalten. Der Kauf einer Steuerkanzlei ist komplex – es geht um hohe Werte, laufende Mandate, Mitarbeiter und rechtliche Feinheiten. Musterverträge greifen oft zu kurz, da jeder Fall individuell ist.

Ein Anwalt mit Erfahrung in Kanzleiübernahmen oder Gesellschaftsrecht sorgt dafür, dass zentrale Punkte klar geregelt sind, etwa:

  • Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten inkl. Sicherheiten bei Ratenzahlungen.
  • Konkurrenzklausel für den Altinhaber, um Mandatsabwerbung zu verhindern.
  • Übergabe von Mandanten und Haftung für Altverbindlichkeiten.
  • Personalübernahme nach § 613a BGB, inklusive Regelung offener Ansprüche.
  • Weitere Klauseln wie Gewährleistungen, Kaufpreisanpassungen oder Schiedsvereinbarungen.

Da auf Verkäuferseite oft Juristen beteiligt sind, empfiehlt es sich, ebenfalls Experten hinzuzuziehen. So wird der Vertrag auf Ihre Situation zugeschnitten, schützt Ihre Interessen und vermeidet teure Streitigkeiten.

Fazit

Eine erfolgreiche Kanzleiübernahme steht und fällt mit sorgfältiger Planung, einer gründlichen Prüfung und der richtigen Unterstützung. Wer klare Ziele definiert, den Markt umfassend sondiert, finanzielle Risiken realistisch einschätzt und juristisch wie berufsrechtlich abgesichert ist, legt den Grundstein für einen reibungslosen Start in die Selbstständigkeit.

Für alle, die den Schritt in die eigene Kanzlei planen, bieten wir unser Gründerpaket an. Darin finden Sie viele weitere praxisnahe Informationen, Checklisten und Tipps rund um die Gründung und Übernahme – kompakt aufbereitet, um Sie optimal auf Ihren Weg in die Selbstständigkeit vorzubereiten.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf der Plattform „Steuerberaterseite.de“ und wurde von Alexander Jost verfasst. Wir möchten diesen wertvollen Inhalt erhalten und an dieser Stelle in aktualisierter Form allen Interessierten zugänglich machen.

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